Klavierabend Bernd Glemser
Kontraste
Samstag / 19. Oktober 2024 / 17:00 Uhr
Kontraste sind im Erleben von Musik und Sprache ein wesentlicher Bestandteil. Schon Beethoven spielte meisterhaft mit dynamischen Abrissen, mit nicht erfüllten (dadurch quasi schockierenden) Hörerwartungen und Überraschungen. In seiner Sonate op. 90 beschreibt Beethoven seinen ersten Satz als „Wettkampf zwischen Kopf und Herz“, während der 2. Satz sich zwischen aufgeregtem Rondo und entspanntem Cantabile bewegt. In Robert Schumanns Sonate fis Moll werden Kontraste nicht nur im Formalen sichtbar, wenn klassische Sonate mit Tanzelementen und freien Formen der Fantasie oder Tondichtung gekoppelt werden. Schumann nennt bereits in der Widmung an Clara Wieck sich als Autor lediglich hinter zwei kontrastierenden Charakteren verborgen: Florestan und Eusebius.
Dass Musik nicht nur Kontraste zeigen und fühlbar machen, sondern darüber hinaus sogar ganze Bilder in Kontrast zu einander beschreiben kann, dies ist beispielhaft bei Mussorgskys Bilder einer Ausstellung zu erleben:
Der Hörer (Promenade) ist gleichsam der Betrachter einer Ausstellung, der von Bild zu Bild schreitet. Bizarre Eindrücke (Gnom) weichen sehnsüchtigen Klängen (il vechio castello), Lebenslust (Tuileries) steht neben trotziger Schwerfälligkeit (Bydlo), das Ballett der ungeschlüpften Küken bezaubert vor dem so ganz anders klingenden Disput zweier Juden (Samuel und Schmuyle). Unmittelbar bildlich erlebbar ist das Markttreiben (Limoges) neben der morbiden Düsternis der Pariser Katakomben, auch der Hexenritt der Baba Jaga zieht in seinen magischen Bann, bevor Mussorgsky mit dem Tor von Kiew choralartig und majestätisch maximal an die Grenzen des Machbaren eines Klaviers und darüber hinaus führt: Ein Gemälde-Rundgang der besonderen Art ist dieses Werk, das gleichzeitig zum Inbegriff der „Programmusik“ geworden ist.
Programm
Ludwig van Beethoven: Sonate Nr.27 e-moll op.90
Robert Schumann: Sonate Nr.1 fis-moll op.11
Modest Mussorgsky: Bilder einer Ausstellung
Homepage: https://www.konzertagentur.de/kuenstler-karte/bernd-glemser
Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=0h3x5AkxPkg
Vita
Im Fono Forum war vor einigen Jahren über Bernd Glemser (*1962) zu lesen, dass er bei vielen noch immer als der „junge Deutsche mit den 17 Wettbewerbserfolgen gilt“, obwohl er „schon eine ganze Weile einer der seriösesten Interpreten seiner Generation“ ist. Fügt man nun noch seine brillante Virtuosität und seine große emotionale Tiefe hinzu, hat man ihn treffend charakterisiert.
So fulminant seine Karriere vor vielen Jahren begann, so erfolgreich ging sie weiter. Und trotzdem ist er kein Medienstar und kein Glamourpianist geworden, denn Glemser konzentriert sich voll und ganz auf die Musik. Er ist der Sache verpflichtet, Oberflächlichkeiten haben keinen Raum und musikalisch geht er keine Kompromisse ein. Seine atemberaubende Virtuosität ist gepaart mit höchster poetischer Sensibilität und seine tiefgründigen Interpretationen, individuell und fernab jeglicher Routine, bleiben lange im Gedächtnis.
Bernd Glemser hat mit vielen bekannten Orchestern konzertiert, u.a. mit dem Gewandhausorchester, dem London Philharmonic Orchestra und dem Tonhalle-Orchester Zürich unter Dirigenten wie Herbert Blomstedt, Riccardo Chailly, Andrés Orozco-Estrada oder Franz Welser-Möst. Er spielte in der Berliner Philharmonie, der Alten Oper Frankfurt, der Royal Festival Hall in London und dem Musikverein Wien.
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit bildet die Kammermusik. Seit 2006 kuratiert Bernd Glemser als „Artist in Residence“ eine Reihe bei den Klosterkonzerten Maulbronn, zu der er befreundete Musiker wie Mirijam Contzen, Reinhold Friedrich oder das Gewandhaus-Quartett einlädt. Neben der Kammermusikwoche gibt er auch jährlich einen Meisterkurs.
Seit 1996 ist er Professor für Klavier an der Hochschule für Musik in Würzburg.
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